Theatertage 2019

Erstmals Schultheatertage an der Götzenburg

Zum ersten Mal veranstalten die Jagsthausener Burgfestspiele in Kooperation mit der Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken (aim) Schultheatertage. Die Stücke zum Thema "Gerechtigkeit und Recht" werden Dienstag und Mittwoch aufgeführt.

"So einer wie du und ich, der hat keine Rechte mehr. Wir können froh sein, dass die da oben uns nicht erschießen", raunen sich die Obdachlosen zu.

Der voluminöse Pelz, der mondäne Spazierstab, das dicke, alte Buch in der Hand: Wer ist diese Person? "Mein Name ist Spiegel. Ihr Spiegel. Meine Gestalt ist trügerisch", deklamiert Natalie Cadia (18) in Richtung der heute noch leeren Publikumsreihen. "Wie gerecht waren Sie in den letzten zwei Stunden? Was haben Sie getan, um an einen guten Sitzplatz, ein schnelles Getränk zu kommen?"

Plötzlich melden sich spöttische Stimmen von oben zu Wort. Auf der Galerie der Götzenburg stehen zwei Jäger, die ihre Gewehre in Anschlag bringen. "Oh nein, ein Moralist", stellt der eine angewidert fest. "Verschwinde, du Arschloch! Wir brauchen keinen Spiegel, wir sind rechtschaffene Leut"!"

Am Montagmorgen laufen die Proben bei den Burgfestspielen auf Hochtouren. Die jungen Leute, die sich auf ihren großen Auftritt vorbereiten, sind jedoch keine professionellen Schauspieler, sondern die Teilnehmer der Theater-AG des Ganerben-Gymnasiums Künzelsau. Denn zum ersten Mal veranstaltet das Jagsthausener Freilichttheater in Kooperation mit der Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken (aim) Schultheatertage.

Fünf Gruppen aus unterschiedlichen Schulen sowie ein für das Festival gegründetes aim-Ensemble haben mit professioneller Unterstützung von Theaterpädagogen und Lehrern ihre Inszenierungen zum Thema "Gerechtigkeit und Recht" entwickelt. Höhepunkte des Projekts sind die Aufführungen am 16. und 17. Juli im Burghof.

Was ist gerecht, was ungerecht? Wer oder was entscheidet, ob etwas rechtens ist? Lohnt es sich, zu protestieren, oder reicht es, sich zu fügen? Diese Fragen standen für die Jugendlichen im Mittelpunkt. Seit Beginn des Schuljahres haben sie an den klassischen, aber auch moderneren Stücken gearbeitet und diese im Rahmen von Workshops neu interpretiert.

"Quod lupi sumus! Weil wir Wölfe sind!" - so heißt das rund 20-minütige Stück des Ganerben-Gymnasiums. Das Publikum bekommt darin Wortgefechte verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zu hören. Da sind die Snobs, die unter schrillem Gelächter ihre Bekannten verhöhnen: Fährt die eine jetzt doch Fiat statt Porsche.

Oder die Obdachlosen, die sich zwar zuraunen: "So einer wie du und ich, der hat keine Rechte mehr. Wir können froh sein, dass die da oben uns nicht erschießen." Sich dann aber gegenseitig auch nichts gönnen. Dann gibt es noch die Mutter mit massenhaft Einkaufstüten im Arm, die ihre Tochter beschimpft: "Du bist so schlampig, aus dir wird nichts!", während sie dem verzogenen Sohn über die Locken streichelt.

Lob von der stellvertretenden Intendantin

Auch die stellvertretende Intendantin der Burgfestspiele, Eva Hosemann, ist heute zur Probe gekommen. "Ganz tolle Arbeit", lobt sie die Schüler. "Ihr müsst allerdings aufpassen. Diese Bühne ist schwierig", erklärt sie ihnen. "Jeder drängt nach vorne an die Rampe. Aber das bringt nichts, da sehen die Zuschauer euch nicht."

Auch Theaterpädagogin Babette Walter ist etwas aufgefallen. "Ihr Jäger seid stimmlich präsent, aber ihr müsst auch in eure Haltung finden." AG-Leiterin und Lehrerin Iris Bauer ergänzt: "Der Zuschauerraum ist euer Jagdgebiet." Die Jugendlichen nicken: "Alles klar!"

Wofür die Jäger stehen? "Sie sind die Konservativen, die gar nicht wirklich wollen, dass sich etwas ändert", erklärt Joannis Karakostas (14). "Wir zeigen Situationen von Ungerechtigkeit, die unter einer Justiz entstehen, die nicht mehr richtig funktioniert", weiß Nina Mayer (15).

Zwei Stunden pro Woche haben sie geprobt. "Die Schüler haben die verschiedenen Sequenzen entworfen", verdeutlicht Iris Bauer die Entstehung des Stücks. "Ich habe dann einen roten Faden entwickelt, der sie zusammenhält." Wer das Ergebnis sehen möchte, ist Dienstagabend bei den Burgfestspielen richtig.

Höhepunkte des Projekts sind die Aufführungen am Dienstag und Mittwoch, 16. und 17. Juli, ab 17 Uhr im Burghof. Dienstag spielen: Ganerben-Gymnasium Künzelsau, Jagsttal-Schulverbund Möckmühl, Tanztheaterprojekt der aim Juniorakademie. Mittwoch: Eckenberg-Gymnasium Adelsheim, Freie Johannesschulen Flein, Eduard-Mörike-Gymnasium Neuenstadt.

Heilbronner Stimme vom 16.07.2019

Von Vanessa Müller

Zurück